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Rehkitz-Rettung

Im Mai und Juni setzten die Rehgeissen ihre Kitze. Dazu werden von den Geissen gerne Wiesen aufgesucht, die dann später auch als sichere Kinderstube für den Nachwuchs dienen. Das Gras steht hoch, die Kitze sind mit ihrem braunen Fell mit weissen Tupfen hervorragend getarnt und haben keinen Eigengeruch. Deshalb sind regungslos liegende Kitze im hohen Gras auch vor Raubwild gut geschützt. Ein Fuchs muss über ein Rehkitz «stolpern», um es zu entdecken. Läuft er auch nur einen Meter am Kitz vorbei, hat es sehr gute Chancen nicht bemerkt zu werden. Wenn Rehgeissen zur Setzzeit wiederholt dieselbe Wiese aufsuchen, ist das ein wichtiger Hinweis darauf, dass in der Wiese wahrscheinlich ein oder mehrere Kitze abgelegt sind.

Jedes Lebewesen ist einzigartig (Foto: Oskar Reutimann)

Während der ersten Aufzuchtwochen des Rehs mähen die Landwirtinnen und Landwirte ihre Wiesen. Viele Bäuerinnen und Bauern setzen sich vor dem Mähen mit der zuständigen Jagdgesellschaft in Verbindung und geben den Jägerinnen und Jägern Gelegenheit, die Wiesen nach Rehkitzen abzusuchen. Um Rehgeissen vor dem Mähen daran zu hindern, ihre Kitze in den Wiesen abzulegen bzw. um sie dazu zu bewegen, diese aus den Wiesen herauszuholen, können Pfähle mit flatternden Tüchern oder Bändern, raschelnden Säcken oder reflektierenden CDs aufgestellt werden. Das nennt man Verblenden. Auch das Verwittern der Wiesen mit einem Fremdgeruch ist sehr wirkungsvoll und wird z.B. mit dem Ausbringen von Karbid erreicht. Solche Veränderungen im Lebensraum irritieren die Rehgeissen, so dass sie ihre Kitze aus den Wiesen herausführen.

Das allein genügt jedoch nicht. Wiesen, die als Kinderstube der Rehe bekannt sind, werden engmaschig zu Fuss abgesucht. Dazu bilden die Jägerinnen und Jäger eine Kette und schreiten die Wiesen systematisch ab. Ausgebildete Jagdhunde unterstützen die Suche. Man muss sehr aufmerksam sein und genau hinschauen, um die im hohen Gras gut versteckten Rehkitze zu sehen. Ist ein Kitz gefunden, wird es vorsichtig aufgenommen, aus der Wiese herausgetragen und am Waldrand an einem geschützten Platz abgelegt. Dort holt es die Rehgeiss später ab. Da die Kommunikation zwischen Rehgeiss und Kitz über den ältesten Sinn der Wirbeltiere, den Geruchssinn, läuft, ist es wichtig, dass der Mensch nicht mit dem Kitz in Berührung kommt. Das Kitz wird deshalb mit Grasbüscheln oder Einmalhandschuhen angefasst.

Die zeitintensive, kräftezehrende Aufgabe der Rehkitzsuche und -rettung erfüllen die Jägerinnen und Jäger ― in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft ― Jahr für Jahr gerne und kostenlos im gesamten Kanton. Denn alle Mühen sind auch nach einem langen Arbeitstag vergessen, wenn man eines dieser zarten Wesen in den Händen hält und mit dem Heraustragen aus der Wiese die Gewissheit hat, wieder ein Kitz vor dem sicheren Mähtod bewahrt zu haben.

Nachträge

  • Rehkitze bleiben auch bei Gefahr, wie einer sich nähernden Mähmaschine, oft instinktiv ruhig an Ort und Stelle liegen. Werden sie vermäht, ist es nicht nur für sie tragisch, sondern auch gefährlich für die bäuerlichen Nutztiere, da bereits kleinste Kadaverreste im Heu oder Siloballen z.B. bei Rindern zu Botulismus-Vergiftungen führen können.
  • Der Einsatz von Drohnen mit Wärmebildkameras zur Rehkitzrettung war bei Abfassung dieses Artikels (2017) noch in der Versuchsphase.

Von einer Rehgeiss in der Wiese abgelegtes Rehkitz (Foto: Franziska Brinkmann)

Aufnehmen des Rehkitzes in der Wiese (Foto: Franziska Brinkmann)

Das Rehkitz wird aus der Wiese herausgetragen (Foto: Franziska Brinkmann)

Ablegen des Rehkitzes am Waldrand ausserhalb der Wiese (Foto: Franziska Brinkmann)